Im Chancenspiegel wird ein Verständnis von Chancengleichheit angewendet, welches auf wichtige Gerechtigkeitstheorien Bezug nimmt und sie mit Ansätzen aus der Schultheorie verbindet. Chancengleichheit wird als faire Chance auf freie Teilhabe an der Gesellschaft definiert, die durch eine gerechte Institution Schule gewährleistet wird. Dabei sollen Schüler aufgrund ihrer sozialen und natürlichen Merkmale keine zusätzlichen Nachteile erfahren, eine Förderung aller Befähigungen erfolgen und eine wechselseitige Anerkennung der am Schulprozess beteiligten Personen stattfinden. Dieses Verständnis von Chancengleichheit zielt sowohl auf die Überwindung von Benachteiligungen als auch auf die Entfaltung von Potenzialen ab. Ein Schulsystem, das diesem Anspruch gerecht wird, muss integrierend, durchlässig, kompetenzvermittelnd und Leistungen durch entsprechende Zertifikate anerkennend sein. Der Chancenspiegel konzentriert sich auf diese vier theoretisch hergeleiteten Dimensionen von Chancengleichheit, welche nicht vollständig sein mögen, aber dennoch eine hohe Plausibilität aufweisen können.
Warum haben wir in Deutschland immer noch keine Chancengleichheit?
In Deutschland gibt es nach wie vor eine Ungleichheit im Bildungssystem, die sich auf verschiedene Aspekte zurückführen lässt. Eine wichtige Ursache ist die soziale Herkunft, die immer noch einen großen Einfluss auf den Bildungserfolg hat. Kinder aus Familien mit höherem sozioökonomischem Status haben oft bessere Bildungschancen und erzielen bessere Leistungen als Kinder aus benachteiligten Familien. Hier spielt auch die Frage der finanziellen Ressourcen eine Rolle, da eine gute Bildung oft mit höheren Kosten verbunden ist, wie z.B. Nachhilfeunterricht oder die Finanzierung von außerschulischen Aktivitäten.
Darüber hinaus gibt es auch strukturelle Probleme im Bildungssystem, wie beispielsweise eine unzureichende Lehrerausbildung und -versorgung, überfüllte Klassen und ungleiche Bildungschancen in verschiedenen Bundesländern. Auch die Gliederung des Bildungssystems in verschiedene Schulformen, die oft sehr früh entscheiden, welchen Bildungsweg die Schülerinnen und Schüler einschlagen werden, kann dazu führen, dass Chancen ungleich verteilt sind.
Um die Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem zu verbessern, sind daher gezielte Maßnahmen und Reformen erforderlich, die sowohl auf struktureller als auch auf individueller Ebene ansetzen. Dazu zählen z.B. eine bessere Ausstattung von Schulen und Lehrkräften, eine gezielte Förderung von benachteiligten Schülerinnen und Schülern sowie eine Überprüfung und Überarbeitung der Bildungsstrukturen.
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Welche Ansatzpunkte zur Lösung gibt es?
Es gibt verschiedene Ansatzpunkte, um Chancengleichheit in Deutschland zu fördern. Einige dieser Ansatzpunkte sind:
- Frühkindliche Bildung: Eine frühzeitige und qualitativ hochwertige Bildung kann dazu beitragen, die Chancenungleichheit bereits im Kindesalter zu verringern.
- Schule: Eine gerechtere Gestaltung des Schulsystems kann dazu beitragen, dass alle Schüler*innen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die gleichen Chancen haben. Dazu gehören beispielsweise die Förderung von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf, die Umsetzung von inklusiver Bildung und eine bessere Ausstattung von Schulen.
- Ausbildung und Arbeitsmarkt: Um Chancengleichheit zu fördern, müssen auch die Möglichkeiten für eine qualifizierte Ausbildung und den Zugang zum Arbeitsmarkt für alle verbessert werden. Dazu können beispielsweise gezielte Förderprogramme und Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung beitragen.
- Wohnsituation: Eine Verbesserung der Wohnsituation in sozial benachteiligten Gebieten kann dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche bessere Bildungschancen haben und weniger von Armut betroffen sind.
- Sozialpolitik: Eine bessere sozialpolitische Ausrichtung kann dazu beitragen, dass soziale Benachteiligung abgebaut wird. Dazu gehören beispielsweise die Schaffung von Chancen für Alleinerziehende, die Förderung von Familien und die Bekämpfung von Armut.
Diese Ansatzpunkte sind jedoch nicht erschöpfend und es bedarf eines ganzheitlichen Ansatzes, um Chancengleichheit in Deutschland zu fördern.
Was kostet uns die nicht vorhandene Chancengleichheit?
Die nicht vorhandene Chancengleichheit in Deutschland hat sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche Kosten. Zum einen kann sie dazu führen, dass Menschen aufgrund ihrer sozialen Herkunft und nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten und Talente benachteiligt werden. Dies kann zu einem Verlust an gesellschaftlichem und individuellem Potenzial führen und die soziale Mobilität einschränken. Zum anderen können diese Benachteiligungen auch zu einem Mangel an Fachkräften und innovativen Ideen in der Wirtschaft führen, da das Potenzial und die Talente vieler Menschen nicht ausgeschöpft werden. Insgesamt können die Kosten der nicht vorhandenen Chancengleichheit daher beträchtlich sein und sich auf verschiedene Bereiche der Gesellschaft auswirken.